Errungenschaftsbeteiligung

Haben die Ehegatten durch Ehevertrag keinen anderen Güterstand (Gütergemeinschaft oder Gütertrennung) gewählt und ist zwischen ihnen nicht die Gütertrennung als ausserordentlicher Güterstand eingetreten (Art. 181 ZGB), so gelten für ihre vermögensrechtlichen Beziehungen die Regeln über die Errungenschaftsbeteiligung (Art. 196 - 220 ZGB).

 

Während der Dauer der Ehe unterscheidet sich die Errungenschaftsbeteiligung in ihren Wirkungen nicht wesentlich von der Gütertrennung: Nach Art. 201 ZGB verwaltet und nutzt jeder Ehegatte sein Vermögen innerhalb der gesetzlichen Schranken und verfügt darüber. Was unter den gesetzlichen Schranken zu verstehen ist, ergibt sich vor allem aus den allgemeinen Wirkungen der Ehe, wie beispielsweise aus den Bestimmungen zum Schutz der Familienwohnung (Art. 169 ZGB) oder denjenigen über die gerichtliche Beschränkung der Verfügungsbefugnis über bestimmte Vermögenswerte (Art. 178 ZGB). Wer behauptet, ein Vermögenswert gehöre ihm allein, muss dies beweisen, denn sonst wird Miteigentum beider Ehegatten vermutet (Art. 200 Abs. 1 und 2 ZGB). Gemäss Art. 202 ZGB haftet jeder Ehegatte grundsätzlich nur für seine eigenen Schulden, und zwar gleichgültig aus welchem Rechtsgrund (z.B. Vertrag, unerlaubte Handlung usw.) sie entstanden sind. Wenn also ein Leasingvertrag nur von einem Ehegatten unterzeichnet wurde, kann der andere von der Leasingfirma nicht belangt werden. Eine Ausnahme gilt für Verpflichtungen, die ein Ehegatte für die laufenden Bedürfnisse der Familie (täglicher Bedarf) oder mit Ermächtigung des anderen eingeht (vgl. Art. 166 ZGB).

 

Die Besonderheit der Errungenschaftsbeteiligung zeigt sich erst bei der Auflösung, denn hier erfolgt ein wertmässiger Ausgleich der Errungenschaft, die jeder Ehegatte während der Ehe erworben hat. Das Gesetz unterteilt deshalb das eheliche Vermögen in die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten. Errungenschaft sind gemäss Art. 197 Abs. 1 ZGB die Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt. Dazu gehören insbesondere der Arbeitserwerb, Sozialversicherungsleistungen (Arbeitslosentaggelder, AHV, IV, Pensionskassenbezüge etc.), die Entschädigungen wegen Arbeitsunfähigkeit, die Erträge des Eigengutes und Ersatzanschaffungen für Errungenschaft (s. Art. 197 Abs. 2 ZGB). In Art. 198 ZGB sind die vier Arten von Vermögensbestandteilen aufgezählt, die von Gesetzes wegen Eigengut bilden. Darunter fallen vor allem Gegenstände, die einem Ehegatten ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch dienen, und Werte, die ihm schon zu Beginn des Güterstandes gehört haben oder ihm später durch Erbgang oder sonstwie unentgeltlich zukommen. Durch Abschluss eines Ehevertrages (vor einem Notar oder einer Notarin) können allerdings bestimmte Vermögenswerte zu Eigengut erklärt werden (Art. 199 ZGB).

 

Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung wird aufgelöst durch den Tod eines Ehegatten, durch Scheidung, Trennung, Ungültigerklärung der Ehe, durch Vereinbarung eines anderen Güterstandes oder gerichtliche Anordnung der Gütertrennung (Art. 204 ZGB, Art. 185 ZGB und Art. 189 ZGB). Bei Tod eines Ehegatten oder der Vereinbarung eines anderen Güterstandes fallen der Auflösungszeitpunkt und das Auflösungsereignis zusammen (Art. 204 Abs. 1 ZGB). Gemäss Art. 204 Abs. 2 ZGB wird dagegen bei Scheidung, Trennung, Ungültigerklärung der Ehe oder gerichtlicher Anordnung der Gütertrennung die Auflösung zurück bezogen auf den Tag, an dem das Begehren eingereicht worden ist.

 

Bei der Liquidation des Güterstandes nimmt gemäss Art. 205 ZGB zunächst jeder Ehegatte seine Vermögenswerte zurück, die sich im Besitz des anderen befinden. Steht ein Vermögenswert im Miteigentum und weist ein Ehegatte ein überwiegendes Interesse nach, so kann er verlangen, dass ihm dieser Vermögenswert gegen Entschädigung des anderen Ehegatten ungeteilt zugewiesen wird (z. B. der Flügel der Klavier spielenden Ehegattin). Weiter regeln die Ehegatten nach Art. 205 Abs. 3 ZGB die gegenseitigen Schulden. In einem nächsten Schritt werden die Vermögenswerte jedes Ehegatten in Eigengut und in Errungenschaft eingeteilt (Art. 207 ZGB). Dabei ist jeder Vermögengenstand einheitlich einer bestimmten Vermögensmasse zuzuordnen. Was von der Errungenschaft nach Abzug der Schulden verbleibt, bildet den Vorschlag. Jedem Ehegatten steht gemäss Art. 215 Abs. 1 ZGB die Hälfte des Vorschlages des anderen zu. An einem Rückschlag muss sich der andere Ehegatte aber nicht beteiligen (Art. 210 ZGB). Durch Ehevertrag kann eine andere Beteiligung vereinbart werden; dabei sind aber die Pflichtteile nichtgemeinsamer Kinder und ihrer Nachkommen zu beachten (Art. 216 ZGB; vgl. Art. 462 Ziff. 1 und 471 Ziff. 1 ZGB). Bereitet die Ausgleichszahlung dem verpflichteten Ehegatten ernstliche Schwierigkeiten, so kann er die Einräumung von Zahlungsfristen verlangen (Art. 218 ZGB).